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Was ist Zen?

  • Autorenbild: Florian Stotz
    Florian Stotz
  • 16. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Nov.

Form ist Leere, Leere ist Form.


Vor einiger Zeit widmete ich mich den Überlieferungen von Dōgen Zenji (1200 – 1253), einem japanischen Zen-Buddhistischen Meister. Dōgen Zenji war ein Meister der Metaphern und konnte mit diesen Metaphern den kritischen Verstand seiner Zen-Schüler umgehen und den Ursprungskern des Seins berühren. Die Worte Dōgen Zenjis im Shōbōgenzō wirken so stark, dass sie wie ein scharfes Schwert den eingeengten Geist von Zen-Schülern zerschneiden. In einem Satz kann Dōgen Zenji gleichzeitig mehrere Erkenntnisse für Zen-Schüler zugänglich machen. Für die Erkenntnisse die ich erfahren konnte bin ich sehr dankbar. Als Zen-Schüler gebe ich diese Erkenntnisse mittlerweile an andere Menschen weiter.

 

Verwirrte Geister nehmen im Zustand der Verwirrung ihre eigene Verwirrung nicht wahr

 

Eines Tages begab sich ein Zen-Schüler auf einen Zen-Meister zu und bat ihn um die Kraft seiner Lehren. Der Meister sagte ihm: „Geh‘ hinaus in die weite Welt. Wandere, übe Zazen, beobachte Dein Herz und Deinen Geist. Kehre zurück, wenn Du bereit bist.“

 

Der Schüler ging hinfort. Er wanderte durch lebhafte Gebirgsketten, meditierte an moosbewachsenen Wänden bei Wasserfällen, fastete mit Stille im Geist und kämpfte an manchen Tagen mit seinen Gedanken. Schließlich kehrte der Schüler zu Meister zurück und sprach zum Meister: „Meister, das Leben ist ein reines Leiden! Ich habe allerdings erkannt, dass es jenseits des Leidens einen Weg gibt“. Der Meister schwieg, und verdeutliche mit einer Handbewegung er soll weiter hinaus in die weite Welt gehen.

 

Erneut ging der Schüler seins Weges. Er wanderte durch kühle Steppen, meditierte auf goldenen Sandkörner, erlange Meisterschaft über seinen Geist und haderte an vielen Tagen mit dem Sturm der Gefühle in seinem Herzen. Der Schüler kehrte zum Meister zurück und sprach zum Meister: „Meister, alles ist Leer! Nichts hat ein festes Selbst.“ Der Meister schweig, und verdeutlichte erneut mit einer Handbewegung, dass er nochmal in die weite Welt gehen soll.

 

Der Schüler zog erneut fort. Es vergingen Jahre, bis er zum Meister zurückkam und zum Meister sprach: „Meister, auch die Leere ist leer“. Der Meister schwieg, und der Schüler wusste was zu tun war. Der Schüler begann durch ein cyanblaues Meer des Lebens zu schwimmen, kam auf einer Insel mit einer Olivpalme an, setze sich nieder, blickte in den Himmel und meditierte über den Satz; „Leere ist Form, Form ist Leere“. Nach einiger Zeit kehrte er zum Meister zurück und sagte: „Der Himmel ist blau“. Da nickte der Meister und sagte: „Genau“.  

 

Was Zen ist, wenn nicht Zen selbst Zen ist?

 

Zen ist nicht das Denken, aber auch nicht das Nicht-Denken. Zen ist nicht Leere, aber auch nicht Fülle. Zen ist nicht die Antwort, und auch nicht die Frage. Zen ist nicht das was Du erwartest, und nicht das was Du ablehnst. Sag mir nicht was Zen ist, sondern zeig mir wie Du Deine Tasse Tee hältst. Zen ist nicht das, was sich in Begriffe oder Konzepte fassen lässt. Zen ist das direkte unverstellte Erleben des Augenblicks, jenseits von Kategorien wie „ist“ oder „ist nicht“ und offenbart einen Moment im Mysterium des Seins. Du willst wissen, was Zen ist? Dann übe Dich in Zazen (auch: stilles Sitzen) und berichte mir, was Du meinst was Zen ist.

 

Die Wirklichkeit ist über alle Elemente erhaben und zeigt sich gleichzeitig in diesen Formen

 

Wie oft zeigst Du im Alltag mit Deinem Finger auf den Mond und glaubst, dass Dein Finger der Mond wäre? Da rennst Du im Leben rum und verwechselst die Halluzinationen in Deinem Geist mit der Wirklichkeit! Vielleicht begegnest Du einem Menschen und auf einmal beginnen Deine inneren Energien zu schwingen. Während diese inneren Energien schwingen, kommt es zu Bewegungen in Deinem Körper, Herz, Geist und Deine Seele findet sich in einem Tanz des Frühlings wieder. Ein Frühling indem die Spatzen in Harmonie mit dem Wind singen, aus der Erde heraus blühende Rosen ihren honigsüßen Duft in den Wind verwirbeln, das funkelnde Wassers aus einem Springbrunnen den frischen Wind beflügeln und das lodernde Feuer der Liebe im Zentrum Deines Herzens erglüht. Auf einmal beflügelt Dich der Wind der Veränderung und Du befindest Dich im Zustand Deines Seins. Für einen Moment bist Du im Hier und jetzt, versuchst die Veränderung festzuhalten, beginnst damit erneut Dich vom Hier und Jetzt zu trennen und alles Mögliche in Deinem Geist, Herz und Körper zu halluzinieren! Wie großartig dieser Mensch doch ist, wo Du ihn noch nicht einmal kennengelernt hast. Zuerst erkennst Du die wahre Buddha-Natur und beginnst kurz daraufhin einen Buddha mit Deiner Buddha-Natur der Illusion wahrzunehmen. Reicht es nicht, dass Du eine wahre Buddha-Natur erkannt und Du die Möglichkeit hast diese näher kennenzulernen? Ist nicht alles Buddha-Natur und alleine Deine Bewertung der Wirklichkeit eine Illusion, was Du glaubst was Buddha ist und nicht ist? Auf einmal beginnt nach einiger Zeit des Kennenlernens das Chaos Deiner Illusionen auf Dich hineinzubrechen. So viel hast Du Dir in Deinem Geist ausgemalt was diesen Menschen zum Buddha macht, und jetzt enttäuscht er Dich auch noch. Gekränkt willst Du Deine eigene Idiotie nicht anerkennen, weil der andere Dich getäuscht habe. Eine Rose, ist eine Rose, ist eine Rose. Sei kein Dummkopf der Rosen pflückt, sondern nimm die Rose wahr.

 

Einige Menschen wollen wissen, was der Zustand des Zen ist. Wäre ich nun bei Dir, würde ich Dir sagen, dass Du aus Deinem Schlaf aufwachen sollst und mit einem Holzstock auf den Kopf klopfen: Das ist Zen. Zen ist wenn Körper, Herz und Geist still werden und der Wind der Veränderung sich als Tanz auf dem Spiegelbild der Seele ereignet, während das Bewusstsein dies wahrnimmt. Plötzlich spürt man einen tiefen Frieden und eine unendliche Stille im eigenen Sein. Du bist sowohl innen als auch gleichzeitig außen. Vögel schwingen durch die Lüfte, und im Moment fließen Tränen aus Juwelen aus dem tiefsten Sein in die Augen. Und während Du diese Juwelen wahrnimmst, kannst Du die gesamte Existenz als Ewigkeit des Seins erfahren. Und nach einem kurzen Augenblick dieser Erfahrung, beginnt schon wieder der eigenen Geist sich alle Vorstellungen von Zen zu machen. Manche Menschen haben wilde Vorstellungen von Erleuchtung. Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen. Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen. Alles was Du vermeintlich suchst ist bereits in Dir enthalten. Du willst wissen, was Zen ist? Zen ist die größte Lüge aller Zeiten, und gleichzeitig ist Zen die Wahrheit.


Die Ehrlichkeit ist im Zen ein essentielles Element. Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen Menschen ist wie ein scharfes Schwert, welches mit Weisheit und Achtsamkeit benutzt werden sollte. Veränderung geschieht dann, wenn Du das scharfe Schwert der Ehrlichkeit sanft und präzise anwendest.

 

Danke für Deine Zeit und bis bald,

 

Dein Florian 🌈

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