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Zwischen Trance und Transzendenz: Das Unterbewusstsein und Superbewusstsein

  • Autorenbild: Florian Stotz
    Florian Stotz
  • 27. Aug.
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 4 Tagen

Eine Einführung in Trance, Hypnose, alltägliches Bewusstsein, Unterbewusstsein und Superbewusstsein.


Während einer sternenklaren Nacht sitze ich im Zazen. Das Zen stammt aus ursprünglich aus Japan und Zazen bedeutet so viel wie „Stilles sitzen“. In einem Moment des tiefen Friedens und der Gedankenstille passiert plötzlich etwas Spannendes. Auf einmal wird alles um mich trotz geschlossener Augen gleißend hell. Es entsteht dabei ein Moment, indem ich Körper, Gefühle und Geist als Dimensionen erkenne, die von meinem Selbst – oft auch als Seele bezeichnet – erfahren werden. Zum ersten Mal konnte ich erfahren, was ein Moment des Zens, auch Samadhi oder Superbewusstsein genannt, bedeutet. Im Gegensatz zu meinen Erfahrungen mit dem Unterbewusstsein, einem Ort, indem Du mit geeigneten Mittel unbewussten Themen auf die Spur kommst und in Hypnose geeignete Suggestionen als Impulse platzieren kannst, ist das Superbewusstsein ein Zustand, der zu einer Art Bewusstseinssprung für Dich führt.


Eine kurze Erwähnung der drei Dimensionen Körper, Gefühle und Geist

 

Im einleitenden Text habe ich Dir bereits drei Dimensionen des Menschseins erwähnt, welche jedem Menschen innewohnen: Körper, Gefühle und Geist. In vielen Schriften des Ostens wird anstatt des Wortes „Gefühle“ von einem „Astralkörper“ gesprochen, indem Emotionen und Gefühle zu Hause sind. Der Körper ist in der Regel die Dimension, die jeder Mensch kennt und auch Empfindungen beinhaltet. Die große Gefahr, den Körper als die einzige Dimension des Menschseins zu verkennen, findet sich in vielen westlichen Lehren wieder. Was die westliche Wissenschaft noch nicht bestätigen kann oder bestätigt hat, darf nach einigen Menschen schließlich nicht wahr sein. In den östlichen Lehren ist es stattdessen selbstverständlich von weiteren, höheren Dimensionen zu sprechen.

 

Der Astralkörper und der Geist – oft auch als Mentalkörper bezeichnet – wurden in vielen östlichen Lehren sehr intensiv theoretisch und praktisch studiert. Im Austausch mit vielen Menschen unserer Kultur habe ich mitbekommen, dass viele unter Yoga die rein körperlichen Ausführungen verstehen. Weit gefehlt, wenn wir einen Hechtsprung in die indischen Schriften des Yoga machen.

 

Dein Geist und seine inneren Bewegungen

 

Im indischen Raum trägt der Geist den übersetzten Namen „Citta“. Innerhalb unseres Geistes gibt es die unterschiedlichsten Gedanken, welche beispielsweise die Form von Bildern und inneren Stimmen annehmen können. In einem klassischen Yoga-Sutra – einem Leitsatz aus dem Yoga – werden sogenannte "Citta-Vrittis" thematisiert. Das sind wortwörtlich übersetzt die Bewegungen im Geist. Es gibt insgesamt fünf Bewegungen die im Geist existieren:

 

  • Pramana (Echtes Wissen)

  • Viparyaya (Falsches Wissen)

  • Vikalpa (Imagination)

  • Nidra (Träume)

  • Smriti (Erinnerung)

 

Ein Yogi – ein praktizierender des Yoga – hat das Ziel, diese fünf Modifikationen des Geistes zu beruhigen, um ein reines Bewusstsein zu erreichen. Pramana ist wahres Wissen, dass auf bewusster Wahrnehmung Deines Bewusstseins beruht. Viparyaya ist falsches Wissen, beispielsweise wenn Du wütend bist und andere Menschen in dieser Welt als wütend wahrnimmst, obwohl Du derjenige bist, der gerade wütend ist. Vikalpa ist die Imagination, unter der zum Beispiel das Tagträumen gezählt wird. Nidra bezieht sich auf die Träume, welche Du während dem Schlaf haben kannst. Zuletzt sind Smriti die Erinnerungen, die Du in Deinem Leben gesammelt und im Gedächtnis hinterlegt hast.

 

Das Unterbewusstsein und seine tiefgreifenden Kräfte  

 

Einer der größten Pioniere in Bezug auf die Erforschung des Unterbewusstseins und der Hypnose ist Milton H. Erickson. Er vertritt die Auffassung, dass das Unterbewusstsein ein Freund ist, der Dich in Deinem Leben beschützt und Dir ein bestmögliches Leben ermöglichen möchte. Immer wieder betonte Milton H. Erickson die tiefgreifende Kraft des Unterbewusstseins, und die Tatsache, dass Lernen in Trance oft einfacher, schneller und nachhaltiger geschieht. Das Wort "Trance" kann übersetzt werden mit "veränderter Bewusstseinszustand". In Trance ist Deine Aufmerksamkeit stark auf bestimmte innere oder äußere Erlebnisse fokussiert, während andere Reize in den Hintergrund rücken und sogar ausgeblendet werden können. Trance ist ein Zustand zwischen Wachheit und Schlaf, zwischen Kontrolle und Loslassen, zwischen bewusstem Denken und unbewussten Prozessen.

 

Im Prozess der Hypnose wird Deine sogenannte kritische Instanz des alltäglichen Bewusstseins langsam außer Kraft gesetzt und der Zugang zu Deinem Unterbewusstsein wird größer. Auf das Unterbewusstsein abgestimmte Suggestionen und Metaphern werden im Prozess der Hypnose, ein geeigneter Trancezustand vorausgesetzt, zu positiven Veränderungen in Deinem Leben führen. Scheinbar ohne bewusstes Zutun leitet Dein Unterbewusstsein im Alltag Prozesse ein, von denen Du meinst, dass Du selbst bewusst entschieden hättest diese Veränderungen einzuleiten. Die Veränderungen geschehen allerdings auf Basis der Suggestionen, die Dir im Prozess der Hypnose gegeben worden sind.


Dein Unbewusstes orientiert sich auch an dem besten Zustand, den Du je im Leben erlebt hast und strebt danach, diesen Zustand als neue Normalität in Deinem Alltag zu verankern. Hypnose leitet sich vom griechischen Wort hypnos (für: Schlaf) ab. Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert von James Braid geprägt, der zunächst annahm, es handle sich um eine Form des künstlichen Schlafs. Heute verstehen wir Hypnose als einen prozesshaften Zugang zu Trance, also veränderten Bewusstseinszuständen, die durch Suggestionen, Fokus und Entspannung ausgelöst werden können. Damit ist Hypnose der Prozess, durch den Trancezustände gezielt induziert (auch: hervorgerufen) werden.


Einige Hypnotiseure und Forscher sind der Überzeugung, dass je tiefer Dein Trancezustand ist, desto größer die Veränderungen bei gegebenen Suggestionen für Dich sein können. Milton H. Erickson selbst vertrat die Haltung, dass jede Trance individuell ist und die Relevanz und Anpassung der Suggestionen für den Klienten entscheidender ist als die Tiefe der Trance. Viele der interventionellen Geschichten und Metaphern von Milton H. Erickson wirken subtil, gerade weil sie in leichter Trance zugänglich bleiben und das Bewusstsein "mitdenken" kann, ohne sich zu wehren. Milton H. Erickson sagte zum Thema des Trancezustands: "Trance ist kein künstlicher Zustand. Menschen sind ständig in verschiedenen Bewusstseinszuständen, man muss sie nur nutzen. Es kommt nicht darauf an, wie tief jemand in Trance ist. Es kommt darauf an, was er in der Trance erleben kann".

 

Milton H. Ericksons Vertrauen in das Unbewusste zeigt sich auch in einem seiner zentralen Zitate. In meiner sinngemäßen Übersetzung lautet es: „Ich vertraue immer meinem Unterbewusstsein. Nun, zu viele Psychotherapeuten versuchen zu planen, was sie denken werden, statt abzuwarten, was der Stimulus ist, den sie erhalten, und dann ihr Unterbewusstsein auf diesen Stimulus reagieren zu lassen. Ich versuche, meine Psychotherapie, auf vage allgemeine Weise zu strukturieren. Und auf diese vage, allgemeine Weise strukturiert der Patient sie ebenfalls. Er strukturiert sie gemäß seiner eigenen Bedürfnissen. Und die lockere Struktur, die ich erschaffe, erlaubt ihm, Stück für Stück einige der Dinge zu entdecken, die er verdrängt hat, über die er sich selbst nicht bewusst ist. Es gibt viele Dinge, die wir wissen, dass wir sie nicht wissen, aber wir müssen wissen, dass wir es wissen. Du vertraust Deinem Unterbewusstsein jetzt.“

 

Das Superbewusstsein und seine transzendenten Kräfte

 

Während im Westen das Konzept des Unterbewusstseins längst etabliert worden ist und Hypnose zunehmend an Bedeutung gewinnt, bleibt ein anderer Bewusstseinszustand weitestgehend im Verborgenen: Das Superbewusstsein. Mit meiner Arbeit möchte ich dazu beitragen, dass mehr Menschen den Zustand des Superbewusstseins für sich selbst erfahren und sich seiner hohen transformierenden Kraft bedienen können. Denn im Zustand des Superbewusstseins sind höchste Einsichten, intuitive Erkenntnisse und tiefer Friede möglich.


Als ich das letzte Mal an einem Artikel schrieb, erfasste mich wieder einmal der Zustand des Superbewusstseins. In diesem Zustand blickte ich aus dem Fenster, nahm den hellblauen Himmel wahr, die weißen gewölbten Wolken und Vögel die durch die Lüfte schwingten. Eine tiefe Ehrfurcht ergriff mich, die mir signalisierte, dass es weder Leben noch Tod, sonder nur reines Sein gibt. Aufgrund der Schönheit des Augenblicks kamen mir unzählige Tränen, während in mir ein innerer Frieden herrschte. Das ist, was Zen-Meister Dōgen als Zen bezeichnet. Wenn Du glaubst, dass das Unterbewusstsein schon mächtig ist, wirst Du das Superbewusstsein als unerklärliche Macht reinen Seins wahrnehmen.

 

Im klassischen Yoga – insbesondere in den Yoga-Sutras von Patanjali – wird ein klarer Pfad beschrieben, der zum Superbewusstsein führt. Dieser Pfad besteht aus drei aufeinander aufbauenden Stufen:

 

  • Dharana (Konzentration)

  • Dhyana (Meditation)

  • Samadhi (Tiefe Versenkung)

 

Dharana (Konzentration) bedeutet, den Geist auf ein einziges Objekt auszurichten, z. B. eine Pflanze, während manchmal andere Gedanken auftauchen. Anbei eine praktische Übung: Wähle ein Objekt, etwa eine Pflanze, und richte Deine Aufmerksamkeit mit Deiner Willenskraft fünf Minuten lang ausschließlich auf die Pflanze. Wann immer Gedanken Dich ablenken wollen, bringe Deine Aufmerksamkeit mit Deiner Willenskraft wieder sanft zur Pflanze zurück. Deine Willenskraft ist jene Fähigkeit, mit der Du Dich dazu entscheidest, Deine Aufmerksamkeit auf das Objekt zu richten. Ich erwähne das explizit, weil manche Menschen der Aufassung wären, man könnte unbestimmte Hauptwörter nicht explizit erklären. Damit ist diese stillschweigende Generalisierung an dieser Stelle auch zum Einsturz gebracht worden.

 

Wenn es Dir gelingt, das Objekt, wie zum Beispiel die Pflanze, fünf Minuten lang ohne jegliche Gedanken zu betrachten, befindest Du Dich im Zustand von Dhyana (Meditation). Die Gedankenaktivität beruhigt sich und Du gehst in Resonanz mit dem Objekt. Im Samadhi verschwindet die Trennung zwischen „Du“ und „Objekt“. Es bleibt nur Essenz, reines Gewahrsein. Samadhi ist ein transzendenter Zustand, in dem sich das „Ich“ bzw. "Ego" auflöst und das wahre Selbst erfahrbar wird. Es gibt dabei verschiedene Stufen des Samadhi, von denen einige tiefer, subtiler und transformierender sind als andere. Das höchste Samadhi zu erreichen ist der ultimative Zustand, den jeder wahrhafte Yogi anstrebt.

 

Für mich ist Ramana Maharshi einer der bedeutendsten Pioniere, welcher unsere moderne Welt auf das Samadhi aufmerksam gemacht hat. Ein Zitat von ihm von mir sinngemäß ins Deutsche übersetzt lautet: „Der Zustand, in dem die ununterbrochene Erfahrung von Existenz‑Bewusstsein durch den stillen Geist erlangt wird allein ist Samadhi. Jener stille Geist, der mit dem Erreichen des grenzenlosen höchsten Selbst geschmückt ist allein ist die Wirklichkeit Gottes“. Ramana Maharshi betonte außerdem, dass Samadhi das natürliche Leben eines jeden Menschen sein sollte. Selbsterforschung – wie beispielsweise im Zazen – ist laut ihm die effizienteste Methode zur Entdeckung der Irrealität des Ich-Gedankens.

 

Wir halten also fest, dass das Superbewusstsein ein transzendenter Zustand reinen Gewahrseins ist, der jenseits der gewöhnlichen mentalen Aktivitäten liegt. Im Zustand des Supberbewusstseins befindest Du Dich in vollständiger Harmonie und einer der Nachhalleffekte ist, dass alte Themen aus Deinem Unterbewusstsein strömen und sich auflösen. Ein möglicher Erklärungsansatz wäre, dass die alte Themen der starken Energie des Superbewusstseins nicht mehr standhalten konnten und dadurch transzendiert worden sind. Es ist ein Zustand, in dem das Ich-Bewusstsein verschwindet und das wahre Selbst oder die Essenz von Sein erfahrbar wird. In den Yoga-Sutras wird außerdem nicht nur ein Samadhi, sondern eine Vielzahl differenzierter Samadhi-Stufen beschrieben. Hier eine vereinfachte Übersicht, vom niedgristen bis zum höchst erreichbaren Samadhi:

 

  1. Samprajnata-Vitarka (Savitarka und Nirvitarka)

  2. Asamprajnata

  3. Samprajnata-Vicara (Savicara und Nirvicara)

  4. Asamprajnata

  5. Samprajnata-Sananda

  6. Asamprajnata

  7. Samprajnata-Sasmita

  8. Nirbija Samadhi

  9. Dharma-Megha-Samadhi

 

Auf jedes einzelne Samadhi jetzt einzugehen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Wie Du allerdings nun sehen kannst, gibt es nicht ein Samadhi, sondern mehrere Samadhis. Diese Veranschaulichung dient vor allem dazu, sich mit wahrer Spiritualität zu beschäftigen, und keiner toten Esoterik zu bedienen. Wenn Du mehr zu den Yoga-Sutras erfahren möchtest, kann ich Dir das Buch von Taimni – The Science of Yoga ans Herz legen.

 

Auch jenseits von Yoga und Meditation befinden wir Menschen uns täglich in wechselnden Trancezuständen, wie zum Beispiel:


  • Wenn Du mit Deinen liebsten Menschen in tiefer Verbindung bist

  • Wenn Du in Deine Arbeit vertieft bist

  • Wenn Du in einer Sternennacht mit Freunden an einem knisternden Lagerfeuer sitzt

  • Wenn Du Tagträume hast oder Musik in Dir etwas öffnet


Unser Bewusstsein ist nicht statisch, es wandelt sich ständig. Und genau darin liegt auch ein Schlüssel zur Veränderung. Der Mensch und seine Bewusstseinszustände sind ein spannendes Phänomen. Für jeden Menschen lohnt es sich, eine große Auswahl an Bewusstseinszuständen zu haben. Wer die meisten Bewusstseinszustände zur Verfügung hat, besitzt eine größere Flexibilität im Leben. In meinen Trainings und Workshops lernst Du außerdem, unterschiedliche Bewusstseinszustände hervorzurufen und gezielt in Deinem Leben zu nutzen. Mit diesen Worten schließen wir das Thema der Bewusstseinszustände für heute ab.

 

Danke für Deine Zeit und bis bald,

 

Dein Florian 🌈

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