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Erlange die Meisterschaft über Deine Emotionen und Gefühle – Teil 14

  • Autorenbild: Florian Stotz
    Florian Stotz
  • 22. Sept.
  • 14 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. Nov.

Eine Artikelserie als Reise aus dem emotionalen Gefängnis.

 

In den letzten Artikeln konntest Du Dir die erste Fähigkeit der emotionalen Wahlfreiheit zugänglich machen. Im heutigen Artikel geht es um die Einführung der zweiten Fähigkeit emotionaler Wahlfreiheit. Diese beinhaltet wie Du Deine Emotionen stimmig ausdrücken kannst. Die Art und Weise wie Du Deine Emotionen ausdrückst hat einen großen Einfluss auf Deine zwischenmenschliche Kommunikation. Du wirst auch erfahren, welche Probleme entstehen können, die eigenen Emotionen nicht ausgedrückt werden.

 

Der Ausdruck Deiner Emotion beeinflusst Deine zwischenmenschliche Kommunikation

 

Viele Menschen meinen, vom Verhalten anderer Menschen auf deren Innenleben schließen zu können. Dies ist jedoch ein Fehlschluss, weil es einige Verhaltensweisen gibt, die nicht auf das Innenleben eines Menschen schließen lassen. Mit Sicherheit hast Du in Deinem Leben einmal eine Situation erlebt, in der Deine Emotionen nicht mit Deinem Verhalten übereingestimmt haben. Die gute Neuigkeit ist, dass Du nicht nur auswählen kannst wie Du Dich fühlen willst, sondern auch wie Du eine Emotion in Deinem Verhalten ausdrücken willst. Je mehr Wahlmöglichkeiten Du im emotionalen Ausdruck zur Verfügung hast, desto mehr wird sich auch Dein subjektives Erleben stimmiger anfühlen.

 

Warum Du Deine Emotionen ausdrücken solltest

 

Die meisten Menschen scheinen ihr Selbstbild, ihre Emotionen und Verhaltensweisen in ein gleiches Paket zu stopfen. Für viele hat dieses Paket die Bezeichnung des "Ich". Das Selbstbild liegt im „Wer ich bin“, die Emotionen im „Was ich fühle“ und die Verhaltensweisen im „Was ich mache“. Weil diese drei Elemente alle in einem Paket enthalten sind, werden beispielsweise Verhaltensweisen mit den Worten "So bin ich halt" deklariert. Damit identiziert sich ein Mensch auf Basis seines Verhaltens.

 

In unserer Kultur gibt es Emotionen die als falsch oder schlecht angesehen werden. Dies gilt sowohl dafür, diese Emotionen zu fühlen als auch sie offen auszudrücken. Darunter zählen oft folgende Emotionen: Erregtheit, Verwirrtheit, Neugier, Verantwortungslosigkeit, Hochmut und Neid. Allerdings hat sehr wahrscheinlich jeder Mensch einmal diese Emotionen gefühlt. Die spezifischen Konditionierungen und Glaubenssätze in einer Gesellschaft führen oft dazu, dass solche Emotionen nicht da sein und ausgedrückt werden dürfen. Und weil eine Emotion da ist, die nach gesellschaftlicher Ansicht nicht da sein dürfte, führt dies zu einer inneren Selbstkritik. Gerade weil diese Emotionen präsent sind, ist dies der Beweis für die eigene Unfähgikeit, Schwäche, Egoismus, Verdorbenheit oder Kindischseins, was zur Emotion von Scham führen kann. Denn weil diese nicht erlaubten Emotionen da sind, kann etwas mit einem selbst nicht stimmen. Aus diesem Grund werden gesellschaftlich nicht erlaubte Emotionen oft abgespalten. Die Abspaltung dieser Emotionen führt wiederum zu einer inneren Anspannung. Aus diesem Grund gibt es nach wie vor Feiertage wie den Karnval. An diesen Tagen wird vom Staat den Bürgern ein kontrolliertes Ausrasten ermöglicht.


Aufgrund solcher Schamgefühle bin ich davon überzeugt, dass wir in unserer westlichen Kultur in einem emotionalen Mittelalter leben. Ein Schamgefühl entsteht oft dadurch, dass bestimmte Emotionen in unserer Gesellschaft als „falsch“ oder „schlecht“ bewertet werden. Diese gesellschaftlichen Bewertungen führen dazu, dass Menschen ihre eigenen Emotionen ablehnen oder verurteilen. Wenn ein Mensch beispielsweise Neid oder Gereiztheit empfindet, wird dies nicht als Bestandteil der menschlichen Erfahrung akzeptiert, sondern als Hinweis auf einen dysfunktionalen Menschen. Innere Bewertungen und das Verurteilen von Emotionen erzeugen auch ein negatives Selbstbild, welches sich als Scham manifestieren kann. Scham ist also die Emotion als Person grundsätzlich falsch oder minderwertig zu sein. Und in diesem Kontext nur, weil man eine gesellschaftlich verachtete Emotion empfindet.

 

Eine der wunderbaren Eigenschaften von Emotionen ist, dass sie Dir fortlaufend Feedback darüber geben was in Dir vorgeht. Ich finde es ist eine gesunde Lebenweise, wenn Du Deine Emotionen als Freunde mit gut gemeinten Feedback wahrnimmst. Beispielsweise ist es ein Unterschied ob man „sich mürrisch fühlt“ oder „mürrisch handelt“. Sobald Du Deine Emotionen als Freunde wahrnimmst wird es leichter wahrzunehmen was in Dir vorgeht. Damit kannst Du das Ruder im Boot Deines Lebens übernehmen und Entscheidungen darüber treffen, wohin Du Deinen Fokus lenken willst. Durch die Veränderung Deines Fokus lenkst Du auch Dein subjektives Erleben. Deine Realität ist meist was Du daraus machst.

 

Wenn Menschen ihre Emotionen nicht ausdrücken, dann liegt dies unter anderem daran, dass sie keine Mittel und Wege dafür haben. Für manche Menschen ist das Ausdrücken von Emotionen sogar unvereinbar mit ihrem Selbstbild. In beiden Fällen tut mehr Flexibilität gut, damit man das was man fühlt auch ausdrücken kannst. Auf der Basis ob und wann Du eine Emotion ausdrücken willst, wird das Leben um einiges intensiver werden. Einige Probleme die Menschen mit sich herumtragen entstehen genau dort, wo Emotionen nicht ausgedrückt werden. Unter anderem erhalten andere Menschen nicht die Information von Dir, was in Dir vorgehen könnte. Vielleicht trägst Du sogar Emotionen wie Einsamkeit in Dir, zeigst diese Einsamkeit allerdings nicht deutlich genug, damit andere Menschen auf Dich emotional eingehen können.


Ich habe genügend Menschen kennengelernt, die Emotionen wie Wut für eine lange Zeit in sich hineinfressen. Allerdings löst sich damit die Emotion der Wut nicht auf. Stattdessen baut sich eine innere Spannung im Unterbewusstsein auf, bis diese innere Spannung sich durch eine bestimmte Situation im Leben entlädt. Im Kontext der Wut kann dies ein Wutanfall von einem Menschen sein, welcher durch eine banale Situation ausgelöst werden kann. Wenn andere Menschen in dieser banalen Situation den Wutanfall miterleben, sind diese meist fassunglos und können nicht nachempfinden, was gerade in dieser Person vorgehen mag. Wenn Du Deine Emotionen nicht ausdrückst kann dies viele Konsequenzen haben. Angenommen Du willst von anderen Menschen bestimmte Emotionen wie Aufmerksamkeit, Zuneigung, Respekt oder Ruhe erfahren. Wenn die anderen Menschen allerdings nicht wissen was Du von ihnen willst, werden sie es wahrscheinlich auch nicht tun.


Die eigenen Emotion nicht auszudrücken schadet außerdem früher oder später der eigenen Gesundheit. Möglicherweise kennst Du jenes Phänomen, wenn Du etwas nicht aussprichst was Du gerne sagen würdest. Je länger und öfter Du bei Dir behältst was Du eigentlich sagen wolltest, desto wahrscheinlicher wird es, dass auch Deine Körperspannung zunimmt. Jetzt stell Dir einmal vor was passiert, wenn Du für einen langen Zeitraum Deine Emotionen unterdrückst. Damit wirst Du zu einer tickenden Zeitbombe, und die unterdrückten Emotionen in Dir werden sich früher oder später ihren Weg an die Oberfläche bahnen.

 

Die meisten Menschen können kaum wissen wer Du bist, wenn sie keine Ahnung haben was Du fühlst. Deine Emotionen sind ein wichtiger Bestandteil davon wer Du bist. Wenn Du Deine Emotionen untedrückst, verweigerst Du Deinem sozialen Umfeld die Möglichkeit, Dich und Deine Emotionen kennenzulernen und wertzuschätzen. Es gibt also reichlich Gründe dafür, warum Du Deine Emotionen ausdrücken solltest. Das bedeutet nicht, dass Du immer alle Emotionen in jeder Situation sofort ausdrücken solltest. Es wird Zeiten in Deinem Leben geben, in denen der Ausdruck bestimmter Emotionen unangebracht ist. Die Emotion selbst kannst Du dann zu einem späteren Zeitpunkt in einer anderen Situation ausdrücken. In unserer Kultur wäre es eher unangebracht, bei einer Beerdingung mit Freude zu lächeln und Witze über den Verstorbenen zu erzählen. Meine Betonung liegt auf "in unserer Kultur". In Mexiko beispielsweise wird auf vielen Beerdigungen der Tod eines Verstorbenen mit positiven Emotionen gefeiert. Es ist nicht falsch oder unangemessen was Du fühlst, höchstens der Kontext in dem Du eine Emotion ausdrückst sollte berücksichtigt werden.

 

In unserer westlichen Kultur haben viele Menschen gelernt, dass es nicht in Ordnung ist wenn sie sich wütend fühlen. Und weil es nicht in Ordnung ist sich wütend zu fühlen, wird diese Wut ins Unterbewusstsein abgespalten. Dabei entwickelt das Alltagsbewusstsein einen Mechanismus, welcher die Emotion von Wut im Alltag ausblendet. Selbst wenn es zu Situationen kommt, in denen Du kurz durch etwas getriggert wirst, was Dich Wut empfinden lassen könnte, wir die Emotion der Wut schnell vom Alltagsbewusstsein ausgeblendet.


Wenn Du willst kannst Du einmal ein Experiment machen. Nimm Dir ein altes Kissen und schlage wie wild auf das Kissen ein. Kannst Du es Dir selbst erlauben, auf das Kissen für 5 Minuten einzuprügeln? Vielleicht willst Du dabei auch in das Kissen hineinschreien und Deine ganze Wut und Frustration rauslassent. Gerade dann, wenn Du dies belächelst, ist es wahrscheinlicher, dass Du Deine Wut eine lange Zeit unterdrückt hast. In der Psychologie gibt es den Begriff der Katharsis (auch: Reinigung). Die Katharsis bezeichnet die Befreiung von inneren Konflikten und verdrängten Emotionendurch symbolische Handlungen wie Schreien oder einem austoben von Aggressionen. Der Kerngedanke der Katharsis ist, dass unterdrückte Emotionen durch diese Äußerungen bzw. das Kanalisieren abgeschwächt oder aufgelöst werden. Aristoteles beschreibt in seinem Werk "Poetik" die Katharsis als eine „seelische Reinigung“ des Publikums durch das Erleben eines Dramas. Dadurch sollen laut ihm Emotionen wie Angst und Mitleid durch Erleben des Daramas durch eine innere Reise aufgelöst werden.

 

Das Auswählen des emotionalen Ausdrucks



Die Fähigkeit auszuwählen wie Du Deine Emotionen ausdrückst, ist eine wervolle Fähigkeit in Deinem Leben. Ein wesentlicher Bestandteil einer Flexibilität im emotionalen Ausdruck ist ein erweitertes Repertoire an Emotionen, die Du jeder Zeit wenn Du es willst zeigen kannst. Dies ermöglicht Dir mehr Flexibilität im Umgang mit verschiedenen Situationen, mehr Wirksamkeit beim Erreichen Deiner Ziele und eine innere Stimmigkeit zwischen Deinem Verhalten, den Umständen und Deinem Selbstbild.


Dein Verhalten ist eine natürliche Manifestion der Emotionen in Dir. Diese Natürlcihkeit bedeutet jedoch nicht, dass das Verhalten welches Du mit einer bestimmten Emotion zeigst, auch die einzige Art und Weise ist wie sich diese Emotion ausdrücken lässt. Es bedeutet ebenso wenig, dass andere Menschen dieselbe Emotion auf dieselbe Weise wie Du zeigen. Die meisten Deiner emotionalen Ausdrucksweisen hast Du irgendwann gelernt. Sie sind für Dich natürlich, weil sie automatisch ohne ein bewusstes tun ablaufen. Im Folgenden fidnest Du eine Auflistung verschiedener Emotionen und möglicher Ausdrucksweisen. Während Du diese Auflistung liest, wirst Du vermutlich bemerken welche Ausdrucksweisen sich stimmiger anfühlen. Was sich stimmig anfühlt, führt oft auch zu einem positiven Miteinander mit anderen Menschen.

 

Zuneigung: Es gibt Menschen die ihre Zuneigung nur körperlich ausdrücken können. Hierzu zählen zum Beispiel sich zu umarmen, zu streicheln und zu küssen. Zu viel dieser körperlichen Nähe kann für andere Menschen unangenehm sein. Eine Erweiterung der Verhaltensweisen kann darin bestehen, Zuneigung oder Wertschätzung durch wörtliche Rückmeldungen, kleine Geschenke, hilfsbereite Gesten oder das Versenden von Gedichten sein.

 

Wut: Manche Menschen drücken ihre Wut durch lautes Spreche aus oder dadurch, dass sie Gegenstände durch den Raum werfen. Kurz darauf kippt die Stimmung manchmal in verletzenden Sarkasmus oder in einen brodelnden Rückzug. Für andere Menschen kann dieses Verhalten große Angst oder Hilfslosigkeit auslösen, weil sie nicht wissen, wie sie auf einen solchen Ausbruch reagieren sollen. Ein reiferer Verhaltensausdruck könnte darin bestehen offen zu bennen was man gerade fühlt, warum diese Emotion entstanden ist und welche Schritte zu einer Lösung beitragen könnten.

 

Mitgefühl: Für eine lange Zeit konnte eine Bekannte vor mir kein Mitgefühl ausdrücken. Sie konnte zwar Mitgefühl empfinden, es allerdings nicht ausdrücken. Deswegen mied sie sogar den Kontakt zu Menschen die Hilfe benötigten. Selbst die Menschen die ihr am Herzen lagen hielten sie daher für hartherzig. Als sie eines Tages damit begann ein stimmigeres Verhalten zu wählen, veränderte sie sich in ihrer Persönlichkeit. Sie bot ihre Unterstützung an wenn sie gewünscht war, und informierte sich darüber was in Menschen die Hilfe brauchen vorgeht. Damit fand sie heraus wie sie anderen Menschen besser helfen kann. Eine Art ihr Verhalten auszudrücken ist es still an der Seite eines Menschen der Hilfe braucht zu sitzen. Bereits dieses Verhalten war für viele Menschen sehr hilfreich.

 

Zufriedenheit: In einem Unternehmen in dem ich früher arbeitete, gab es einen Arbeitskollegen der seinen persönlichen Stolz und seine Zufriedenheit dadurch ausdrückte, dass er ständig mit seinen Erfolgen prahlte. Viele andere Arbeitskollegin waren ihm aufgrund dieses Verhaltens eher abgeneigt. Als der Arbeitskollege lernte, seine Errungenschaften in einem persönlichen Rahmen zu feiern, veränderte sich auch die Arbeitsatmosphäre. Je nach Bedeutung seines Erfolgs gestaltete er diese Feiern unterschiedlich. Manchmal so klein wie ein Kinobesuch und manchmal so groß wie ein Urlaub. Mit der Zeit Begann er sogar, seine Arbeitskollegen einzuladen und diese Treffen als feierliche Momente mit gegenseitiger Freude zu erleben.

 

Ehrgeiz: Ein Bekannter erzählte mir einmal von einem Arbeitskollegen und seinem früheren Verhalten. Dieser Arbeitskollege versuchte aggresiv den Kontakt zu Personen zu suchen, von denen er glaubte, sie könnten seine Kerriere fördern. Er überhäufte diese Personen mit langen Ausführungen über seine Ambitionen und Pläne. Mit der Zeit erkannte er jedoch, dass viele dieser Menschen ihn als aufdringlich empfangen. Mittlerweile drückt er seinen Ehrgeiz auf eine weitaus reifere Weise aus. Er schließt Projekte ab, entwickelt neue Aufgaben und richtet seine Aufmerksamkeit bewusst auf Chancen, indem er anderen Menschen zuhört, gezielte Fragen stellt und Informationen sammelt. Dadurch sehnen ihn seine Arbeitskollegen als interessiert, neugierung und als jemanden mit echtem Potenzial.

 

Unzufriedenheit: Manche Menschen drücken ihre Unzufriedenheit aus, indem sie bei Freunden, in der Familie oder am Arbeitsplatz jammer und sich immer wieder beschweren. Oft reagieren andere Menschen darauf mit Distanz, weil sie sich überfordert fühlen oder dem ständigen Klagen nichts entgegensetzen können. Ein neuer und hilfreicherer Verhaltensausdruck kann darin bestehen, zunächst zu schweigen, bis man selbst etwas gegen die Quelle der eigenen Unzufriedenheit unternommen hat. Eine andere Möglichkeit ist es, humorvolle oder sarkastische Bemerkungen zu machen, ohne dabei andere Menschen herabzusetzen. Ebenso kann es befreiend sein, die eigene Unzufriedenheit sachlich zu benennen und um konkrete Unterstützung von anderen Menschen zu bitten.

 

Vorsicht: Übertriebene Vorsicht kann dazu führen, dass man einem Commitment ausweicht. Sei es ein eigenes Commitment oder eines, das andere Menschen an einen herantragen. Manche Menschen fühlen sich schnell in die Enge gedrängt und reagieren dann mit Angrifffragen um Abstand zu schaffen. Dieses typsische Kampf-oder-Flucht-Verhalten lässt sich jedoch auflösen, wenn man die eigene Vorsicht offen ausdrückt. Das kann bedeutet von Beginn an klar zu sagen, dass man noch nicht bereit ist sich festzulegen und erst einmal Informationen sammeln möchte. Die gewonnenen Informationen berücksichtigen die eigene Vorsicht und helfen dabei, sich selbst sicherer zu fühlen.

 

Verlegenheit: Viele Menschen ziehen sich weit zurück, wenn sie sich verlegen fühlen, selbst dann wenn sie unter Freunden sind. Und in Situationen in denen ein Rückzug nicht möglich ist, erstarren sie innerlich und wirken für andere Menschen wie abwesend. Ein neuer Verhaltensausdruck kann darin bestehen, in peinlichen Momenten einfach zu sagen: "Das ist mir gerade etwas peinlich". Auch eine selbstironische Bemerkung, die sowohl für einen selbst als auch für andere Menschen amüsant ist, kann helfen. Anschließend lässt sich die Aufmerksamkeit der Gruppe leicht auf ein anderes Thema lenken.

 

Ein Format um Emotionen stimmig auszudrücken

 

Die obigen Beispiele können für Dich unstimmig sein. Vielleicht willst Du andere Verhaltensausdrücke nutzen, weil Du ein anderer Mensch mit eigenen Umständen und einzigartigem Selbstbild bist. Um Deine persönlichen Verhaltensausdrücke zu erkennen und zu verfeinern, kannst Du das folgende Format nutzen:

 

  1. Identifiziere eine Emotion die Du zu unbefriedigend ausgedrückt hast

  2. Finde heraus was Du mit Deinem emotionalen Ausdruck erreichen willst. Willst Du engagiert wirken? Welche Reaktionen willst Du bei anderen Menschen hervorrufen? Willst Du einfach vermitteln was Du fühlst? Oder willst Du einfach kongruent handeln?

  3. Generiere mindestens fünf mögliche Verhaltensausdrücke dieser Emotion. Dabei kannst Du Deine eigenen Erfahrungen, Verhaltensweisen anderer Menschen und vorgestellte Möglichkeiten einbeziehen

  4. Spiele für jeden Verhaltensausdruck einen inneren Film in Deinem Kopf ab. Dabei stellst Du Dir vor, wie Du die Emotion fühlst und auf Deine gewünschte Art und Weise ausdrückst. Evaluiere auch welche Verhaltensausdrücke am stimmigsten erscheinen, angesichts dessen was Du erreichen willst. Ist kein Verhaltensausdruck stimmig, gehst Du zurück zu Schritt drei und generierst weitere Verhaltensausdrücke. Ansonsten geht es zum nächsten Schritt weiter

  5. Wenn Du Deine stimmigen Verhaltensausdrücke parat hast, spielst Du die inneren Filme erneut im Kopf ab. Jetzt verfeinerst Du Deine Verhaltensweisen und überprüfst, ob diese Ausdrucksweisen auch zu den gewünschten Ergebnissen in den Situationen führen wird

  6. Stelle Dir als nächstes vor, wie Du in den Film hineinsteigst, als würdest Du alles wie durch Deine eigenen Augen sehen. Fühle die jeweilige Emotion und stelle Dir lebendig vor, wie es sein wird diese Emotion durch die jeweilige Verhaltensweise auszudrücken

  7. Identifiziere eine bevorstehende Situation, in der Du die Emotion wahrscheinlich erleben wirst. Stelle Dir erneut vor in dieser Situation zu sein, die Emotion zu fühlen und sie auf Deine Art und Weise auszudrücken

  8. Wiederhole Schritt sieben für mindestens zwei weitere zukünftige Situationen. Bei Bedarf nimmst Du kleine Anpassungen vor. Wenn Du entdecken solltest, dass es bestimmte Kontexte gibt in denen Deine neuen Verhaltensweisen unangemessen sind, gehst Du zurück zu Schritt zwei und durchläufst dieses Format für den neuen Kontext erneut durch


An dieser Stelle ist es wichtig, dass Du Dir sowohl Deiner Emotion als auch des gewünschten Ergebnisses bewusst bist. Damit kannst Du einen Verhaltensausdruck wählen, der sowohl mit Deinem inneren Erleben als auch mit Deinem Ziel übereinstimmt. Dein Ausdrucksverhalten zu verändern, ohne zu wissen was Du fühlst und was Du erreichen möchtest, ist vergleichbar mit dem Versuch eine Reise anzutreten, nämlich ohne zu wissen wie Du reisen willst oder wohin die Reise Dich führen soll. Stell Dir einmal die Frage: "Was genau will ich in dieser Situation?". Diese Frage ist bedeutsam, denn die Antwort darauf liefert Dir häufig genau die Informationen, die Du brauchst um passende Veränderungen vorzunhemen. Sobald Du weißt, wo Du stehst und wohin Du willst, kannst Du beginnen die Wege dorthin zu gestalten.


Was könnten zum Beispiel fünf Wege sien, wie Du die Emotion der Wut ausdrücken kannst? Mit dem oben beschriebenen Format kannst Du diese Möglichkeiten genauer untersuchen und ihre potenziellen Auswirkungen in verschiedenen Situationen reflektieren. So findest Du leichter die Form des Verhaltensausdrucks, die im jeweiligen Kontext am stimmigsten ist. Das Format lenkt Deine Aufmerksamkeit bewusst darauf, was Du in einer Situation erreichen möchtest, und nicht darauf was in der Vergangenheit geschehen ist. Genau dieses Merkmal macht es einfacher, neue und befriedigende Verhaltensausdrücke zu entdecken und zu übernehmen. 

 

Was ist Inkongruenz?


Inkongruenz bezeichnet einen Zustand, in dem Dein inneres Erleben, etwa Emotionen oder Überzeugungen, nicht mit Deinem äußeren Verhalten übereinstimmen. Dein äußeres Verhalten ist das was Du mit Deinem Körper zeigst oder sagst. Äußeres und inneres Erleben stehen dann im Widerspruch zueinander.


Bestimmt kennst Du Situationen im Leben, in denen Du denkst, dass es unangebracht wäre, das was emotional in Dir vorgeht offen auszudrücken. In solchen Momente entsteht eine Lücke zwischen dem was Du fühlst, und dem was Du nach außen zeigst. Stell Dir einmal vor, Du führst ein Kind in der Nach über einen gefährlichen Stadtteil. Diese Verantwortung könnte Dich unsicher fühlen lassen. Gleichzeitig weißt Du, dass Deine Unsicherheit das Kind zusätzlich beunruhigen könnte. Also versuchst Du eine Ruhe und Selbstsicherheit auszustrahlen, um dem Kind Sicherheit zu geben. Gerade Kinder nehmen solche Inkongruenzen besonders fein wahr, und das kann für sie irritierend sein.

 

Wie Du erkennen kannst, ist die Frage wie Du eine Emotion ausdrückst und ob Du sie ausdrückst eine Entscheidung. Diese Entscheidung sollte sich am besten an den Zielen orientieren, die Du in einer bestimmten Situation verfolgst. Wenn Du Dich beispielsweise im Inneren zu einer andere Emotion hangelst, wird es für Dich möglich, wieder kongruent zu sein und auf das reagieren zu können was um Dich herum geschieht. Es ist besser als unsichere Person tatsächlich in einen Zustand der Selbstsicherheit zu wechseln, ansatt nur eine Fassade davon aufzubauen. Ein Kind spürt schnell wenn etwas nicht stimmt, und eine gespielte Sicherheit kann es mehr beunruhigen als eine offen gezeigte Unsicherheit. Zudem kostet es Energie, eine Emotion künstlich vorzutäuschen, denn diese Energie fehlt dann in Momenten, in denen eine volle Aufmerksamkeit gefragt ist.

 

Wenn Du bemerkst, dass Du inkongruent bist oder warst, dann ist dies ein passender Zeitpunkt Dich zu einer anderen Emotion zu hangeln. Dies setzt stillschweigend voraus, dass Du bereits weißt, wie Du Dich lieber fühlen möchtest. Falls Du dies nicht weißt, kannst Du die Formate dieser Artikelserie nutzen.

 

Das war die zweite Fähigkeit von emotionaler Wahlfreiheit

 

Eine der sichersten Möglichkeiten, damit ein Mensch etwas über Dich erfahren kann, liegt darin wie Du Dich ihm gegenüber ausdrückst. Ein wesentlicher Teil dessen, was andere über Dich wahrnehmen, zeigt sich in Deinen emotionalen Ausdrucksformen. Viele Menschen nehmen dabei einen eher vereinfachten Standpunkt ein: Sie gehen davon aus, dass das äußere Verhalten direkt aus bestimmte Emotionen oder persönliche Eigenschaften zurückzuführen ist.


Dein Ausdruck ist jedoch weit mehr als das. Er ist die zentrale Form der Kommunikation und damit die Schnittstelle zwischen Dir und Deiner Umwelt. Gleichzeitig kann er zu einer Schnittstelle zwischen Dir und Deinem eigenen Selbstvertständnis werden. Sicher einnerst Du Dich an Momente, in denen Du Dich selbst überrascht hast. In diesen Momenten hast Du Dich auf eine Art und Weise verhalten, die ungewohnt oder völlig neu für Dich war, die aber vollkommen kongruent mit Deiner Emotion übereinstimmte. Viele dieser Momente entstehen, wenn wir alleine sind und die Maske der öffentlichen Rolle ablegen. Ob solche Augenblicke angenehm oder unangenehm waren spielt kaum eine Rolle. Was zählt ist, dass sie aufschlussreich waren und Dich mit Deinen Emotionen in Berührung gebracht haben. Vielleicht waren es sogar Emotionen, die Du vernachlässigt hattest oder die Dir bis zu dem damligen Zeitpunkt unbekannt waren.


Auch wenn Du allein bist kann es erfüllend sein, eine Wahlfreiheit im emotionalen Ausdruck zu haben und Deine Emotionen klar auszudrücken. Diese Wahlmöglichkeiten helfen Dir nicht nur, anderen Menschen zu vermitteln wer Du bist, sondern auch Dich selbst besser zu verstehen. Stell Dir einmal eine Welt vor, in der jeder Mensch frei wählen kann, wie er seine Emotionen ausdrückt. Eine Welt in der wir auf die tatsächlichen, statt auf die angenommenen, Bedürfnisse und Erfahrungen unserer Mitmenschen reagieren. Wahrscheinlich würden wir täglich das Geschenk erhalten uns von Familie, Freunde und Arbeitskollegen wirklich verstanden zu fühlen.


Eine Gesellschaft in der die emotionalen Bedürfnisse und Erfahrungen des Menschen transparent sind, kann eine Gesellschaft sein, in dier sich die Menschen eher verstanden als missverstanden fühlen. Damit entsteht unter den Menschen mehr Verbundenheit als Isoliertheit, und jeder Mensch könnte sich vertrauensvoll ansatt ängstlich gegenüber dem Ausdruck der eigenen Emotionen fühlen. Im nächsten Artikel machen wir einen Hechtsprung in die dritte Schlüsselfähigkeit von emotionaler Wahlfreiheit. Damit nähern wir uns mit dieser Artikelserie auch langsam ihrem Abschluss zu. Du kannst an dieser Stelle jetzt schon stolz auf Dich sein, dass Du bis hierhin gelesen und praktiziert hast. Ich wünsche Dir bis zum nächsten Mal wundervolle Lernerfahrungen in Deinem Leben.

 

Bis zum nächsten Mal und Danke für Deine Zeit,


Dein Florian 🌈

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